Der große Coast Is Clear-Jahresrückblick 2018 – Teil 2: Die tollsten Alben des Jahres

Freitag, Dezember 28, 2018 Parklife 2 Kommentare


Kommen wir heute zur Königsdisziplin eines jeden Jahresrückblicks – den Alben. Im Grunde gilt für mich hier das selbe, was ich auch schon in Teil 1 vermerkt habe: 2018 war ein dürres Musikjahr, und ein Jahr, in dem ich noch nie so wenige tolle Alben zusammen bekommen habe wie diesmal. Aus diesem Grund wird es ausnahmsweise auch keine Top 50+ geben, sondern nur eine Top 33.

Wie üblich fange ich mit den größten Enttäuschungen 2018 an – da muss an erster Stelle die neue Scheibe von Mylène Farmer stehen. Ja, ich weiß, irgendwie habe ich sie in den letzten Jahren des öfteren schon in dieser Rubrik erwähnt, aber mit ihrem neuen Werk ist ein neuer Tiefpunkt erreicht: das erste Mylène-Album in ihren >30 Jahren, auf dem ich keinen einzigen Song mag... Enttäuschend fand ich leider auch das Club 8- und das Azure Blue-Album. Sogar ein richtiger Schock war die neue Single „meiner“ Marina (& the Diamonds) mit Clean Bandit, die an schlimmsten weichgespülten Radiopop erinnert.

Aber genug lamentiert, zurück zum Positiven. Neuentdeckung und Band des Jahres sind für mich eindeutig The Limiñanas, die gleich mit zwei Alben weit vorne einlaufen. Hier nun also die besten Alben 2018, die Coast Is Clear-Favoriten des Jahres:



01. Tocotronic – Die Unendlichkeit
Nicht wirklich überraschend, dass Tocotronic sich dieses Jahr den Platz an der Sonne bei mir gesichert haben – seit längerem sind die (Ex-)Hamburger Garanten für gute Musik und haben in den letzten zwei Jahrzehnten herzlich selten enttäuscht. Auf ihrem neuen Werk haben sie zudem gleich zwei 4-Sterne-Songs (siehe meine Song-Charts), das hat niemand anderes geschafft. Das Album befasst sich thematisch mit dem Älterwerden, ist ein persönlicher Rückblick der Band, weshalb es z.T. auch etwas ruppigere Songs gibt, die an die rumpeligen Anfänge der Tocos erinnern (ich selbst bin eher Fan der späteren Werke ab K.O.O.K.).
Favoriten: Electric Guitar, Die Unendlichkeit, Bis uns das Licht vertreibt



02. Roxiny – Rituals (EP)
Klar kann man jetzt diskutieren, ob eine EP in die Jahrescharts genommen werden darf, aber ich finde, bei 6 Songs ist das absolut angebracht. Zudem ist die Debüt-EP der US-amerikanischen Sängerin mit dominikanischen Wurzeln die Veröffentlichung mit der höchsten Hitdichte 2018: 5 der 6 Lieder sind richtig gut. Ihre Mischung aus PostPunk, PsychPop und Electronic hat es mir sehr angetan, und vor allem die Single «Goliath» ist ein Knaller, genauso das motorikbeatige «Golden Prophets» oder ihre düstere Electro-Coverversion von Blurs «Song 2». Als feministische Aktivistin haben Roxinys Lieder oft auch einen sozialpolitischen Hintergrund, was ein weiteres Plus ist.
Favoriten: Goliath, Golden Prophets, Neo



03. The Limiñanas – Shadow People
Das Frankreich-Album des Jahres stammt von diesem Duo – ihre Mixtur aus Garagerock, Psychedelic und Yéyé, alles mit charmant französischem Akzent und auch diversen Gastmusikern wie Peter Hook garniert, macht wirklich Spaß und war schon sehr früh im Jahr 2018 einer der Topanwärter auf einen vorderen Platz in meiner Rückschau.
Favoriten: Shadow People, The Gift



04. Metric – Art of Doubt
Ich glaube, ein Metric-Album hatte ich bislang noch nie so weit vorne in meiner Liste – 2018 ist es endlich soweit. Emily Haines und ihre Bandmitglieder liefern auf ihrer neuen Scheibe eine Fülle sehr energetischer, melodischer Songs, und mit «Dark Saturday» auch einen meiner Hits des Jahres.
Favoriten: Dark Saturday, Now or Never Now



05. Johnny Marr – Call the Comet
Was Morrissey in den letzten Jahren verwehrt geblieben ist, hat Johnny Marr geschafft: einen Platz in meinen heißumkämpften Top 5 zu ergattern. Und dies vollkommen zu Recht, denn sein aktuelles Album ist wunderbarer britischer Gitarrenpop/-rock, hat sogar manchmal Krautrock-Einflüsse (wie schon öfter erwähnt kriegt man mich damit in der letzten Zeit einfach), und auch gesanglich kann Marr absolut überzeugen.
Favoriten: Walk Into The Sea, My Eternal



06. Soft Science – Maps
Der Band aus Kalifornien gebührt der Titel „Shoegaze-Album des Jahres“. Vielleicht auch, weil es nicht nur Gitarrenwände bietet, sondern auch gute Melodien, die zuweilen etwas an Lush erinnern. Gerade Hits wie «Breaking» oder «Diverging» heben diese Musik aus der (inzwischen fast unüberschaubaren) Masse der „08/15-Gazer“ ab.
Favoriten: Breaking, Diverging, Sooner



07. The Limiñanas – I’ve Got Trouble in Mind Vol. 2
Yep, ich weiß, die Limiñanas hatten wir eben schon mal. Und auch wenn dieses Album „nur“ eine 7"- und Raritätensammlung ist (und damit in Hardcore-Musiknerd-Kreisen vermutlich nicht in eine Top 10 gehört), zeigt die Band auch bei diesen „Resten“ ihre Qualitäten mit treibendem Garagerock und einem Gespür für Melodien.
Favoriten: Russian Roulette, The Mirror, Curse of Santa Claus



08. Thayer Sarrano – Acoustic Chamber Live from the Georgia Theatre
Sicherlich kann man wiederum vortrefflich darüber streiten, ob Live-Alben in eine Jahreschartliste gehören, aber da Thayer hier auch zwei neue Songs vorstellt und sie ihre Musik zudem neu arrangiert hat (mit Kammerorchester), erlaube ich es mir einfach mal. Außerdem ist das (Mini-)Album erwartungsgemäß super – ich mag ja diese sog. „Southern Gothic"-Musik, wie sie auch Mazzy Star zelebrieren. Wie immer eine angenehm dunkle, melanchlische Grundstimmung, die durch das Orchester eher noch verstärkt wird.
Favoriten: Quiet Now Your Bones, I Will Never Be Used to Your Beauty



09. Fröst – Matters
Motorikbeats sind nun mal einfach klasse. :-) Und so ist es keine Überraschung, dass das Debüt-Album des britisch-schwedischen Duos (mit Connections zu Stereolab und Fujiya & Miyagi) bei mir positive Vibrations auslöst. Vor allem, da man die „Hauptbands“ deutlich raushört.
Favoriten: Revord Still Spinning, La Venus d’argent



10. Holy Motors – Slow Sundown
Dass man mich mit Mazzy Star-artiger Musik seit jeher antriggert, habe ich ja schon etwas weiter oben erwähnt. Die Holy Motors stammen aus Estland, was man ihrem Sound aber nicht anhört, der auch direkt aus der amerikanischen Wüste kommen könnte.
Favoriten: Sleeprydr, Signs



11. Teleman – Family of Aliens
Diese englische Band taucht ja seit einiger Zeit mit schöner Regelmäßigkeit in meinen Jahrescharts auf – und das aus gutem Grund, denn ihr „Post-BritPop“-BritPop besticht durch wunderbare Melodien und leicht hymnische Arrangements. So auch auf ihrem neuen Album, das neben süperben Hits wie «Song for a seagull» allerdings leider auch ein paar Lieder enthält, die ich gar nicht mag, so dass es am Ende nicht ganz für die Top 10 reicht.
Favoriten: Song For A Seagull, Family of Aliens



12. Echolust – Loomer
Im Vergleich zu den letzten Jahren sind Shoegaze-Alben 2018 bei mir wieder etwas auf dem aufsteigenden Ast. So ist auch diese Scheibe der amerikanischen PostPunk-Gazer ein Highlight für mich – sehr düster, fast schon bedrohlich, kommen ihre Lieder daher.
Favoriten: Superposition, Sabi Said



13. Princess Chelsea – The Loneliest Girl
Die neuseeländische Sängerin Chelsea Nikkel ist mit ihrem unterschwellig subversiven „Disney-Core“-Sound ja nun seit Jahren, spätestens seit dem grandiosen «The Cigaret Duet», regelmäßiger Gast in meinem Blog. Ihr neues Album ist zwar in meinen Ohren nicht durchgängig toll, hat aber wieder einige Hits im Gepäck.
Favoriten: I Love My Boyfriend, Wasting Time



14. Eliza Shaddad – Future
Die schottische Sängerin hat dieses Jahr endlich ihr lang erwartetes Debütalbum herausgebracht – und kann mich mit ihrem Indie-Folk-Rock absolut überzeugen, vor allem, da sie auch Ausflüge in leicht poppige Melodien wagt.
Favoriten: White Lines, Daydreaming



15. James – Living in Extraordinary Times
Die britische Band James, die Anfang der 90er im Zuge der Madchester-Bewegung mit Über-Hits wie «Sit down» ins Licht der Öffentlichkeit rückte, ist seitdem nach wie vor aktiv und bringt in schöner Regelmäßigkeit neue Alben heraus. Das neue Werk ist das mMn beste seit langem und weist keinerlei Anzeichen von Altersmilde auf.
Favoriten: Hank, Better Than That



16. Vive La Fête – Destination Amour
„Ach, die gibt's noch?“ – so die Reaktion eines Freundes, als ich ihm vom neuen Album des belgischen Electroclash-Duos erzählte. Ja, tatsächlich, die Band ist unverändert produktiv und hat immer wieder prima Alben veröffentlicht. Auch auf ihrer neuen Scheibe bleiben sie ihrer bewährten Mischung aus Synthiegedöns und Gitarrengeschraddel treu.
Favoriten: À Paris, C’est débile



17. Air Formation – Near Miss
Und noch einmal Shoegaze in meinen Top 20 – das aktuelle Werk der britischen Band ist im Grunde sowas wie ein Comeback-Album nach langjähriger Schaffenspause und hat sich einen Platz in den Charts verdient. Die Gitarrenwände werden gekonnt aufgeschichtet. :-)
Favoriten: A.M., Night Chimes



18. Many Voices Speak – Tank Town
Das erste (und einzige) rein skandinavische Album in meiner Top 20 erst auf Platz 18, das ist schon etwas ungewöhnlich. Aber wie schon im Einleitungstext erwähnt haben diverse schwedische Bands in diesem Jahr eher enttäuscht denn begeistert. Many Voices Speak, das Projekt der Sängerin Marilda Mård, konnte mich hingegen durchaus überzeugen und erinnert mich zuweilen etwas an Sad Day For Puppets.
Favoriten: I Saw You, Chances



19. Deep Sea Arcade – Blacklight
Bei dieser australischen Band würde man nicht unbedingt auf die Idee kommen, dass sie aus Sydney stammen, denn ihr Sound ist sehr britisch und vereint Elemente von BritPop und Madchester auf unterhaltsame Weise.
Favoriten: Some Of Us, Don’t Look Back



20. Cults – Motels
Noch so ein No-Go: ein reines Cover-Album in den Jahrescharts. Aber da ich jetzt eh schon mit allen ungeschriebenen Gesetzen gebrochen habe, habe ich auch keine Hemmungen, die Scheibe des New Yorker-Duos in die Top 20 zu hieven. Sie covern das klassische 1979er-Debüt-Album der New Wave-Band Motels, und das wirklich gelungen und charmant.
Favoriten: Atomic Café, Celia


21. The Daysleepers – Creation
22. Liela Moss – My Name Is Safe In Your Mouth
23. BirdPen – There’s Something Wrong With Everything
24. Poppy Ackroyd – Resolve
25. Heaven – All Love Is Blue
26. Black Honey – Black Honey
27. Beach House – 7
28. Malcolm Middleton – Bananas
29. Abay – Love and Distortion
30. Tiny Deaths – Magic
31. HelloLisa – Haunted Strange Parties
32. Clara Luzia – When I take your hand
33. Rådjuret – Rådjuret

Das waren dann also meine Favoriten 2018 – mal schauen, was das nächste Jahr alles bringen wird. Auf meiner Watchlist ganz oben steht natürlich das neue Album von Lana Del Rey, «Norman Fucking Rockwell», vor dem neuen Marina (& the Diamonds)-Album habe ich hingegen mittlerweile etwas Angst... Auch warte ich noch auf The Soulboy Collective und die Chromatics. Gleich für den 1.1. ist das Debüt von Wyldest angekündigt, dazu kommen dann noch im Laufe des Jahres Ladytron, Bethany Curve, Desperate Journalist und Daughter. Es bleibt also spannend. :-)

2 Kommentare:

  1. Hallo Peter, ich folge deinem Blog schon seit den Anfängen und habe von dir über die Jahre viele, viele gute Tips für gute Musik bekommen, und auch in dieser Liste sind mal wieder gute Alben, die ich sonst wohl verpasst hätte. An dieser Stelle dafür mal ein großes Dankeschön! Keep up the good work! LK

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  2. Danke, das freut mich natürlich, dass Du mir schon so lange die Treue hältst :) (obwohl sich die musikalische Ausrichtung des Blogs ja etwas verschoben hat, also weniger Indie-/Tweepop). Ich werde auch nächstes Jahr weiter nach den Perlen der Musikwelt tauchen. :)

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