Der große musikalische Coast Is Clear-Jahresrückblick 2020 – Teil 2: Die besten Alben des Jahres
Okay, weiter geht's – nach dem Überblick über meine Lieblingslieder des Jahres und die Künstler*innen, die mein Musikjahr besonders geprägt haben, kommen wir nun zur „Königsdisziplin“ der Jahresbestenlisten: den Album-Favoriten.
Wie schon in meinem vorigen Posting erwähnt, war 2020 für mich kein gutes Musikjahr, zumindest nicht, was Neuerscheinungen angeht. Es gab nur wenige Alben, die mich richtig begeistern konnten, so dass sich mein Musikkonsum doch zu einem nicht geringen Teil abseits dieser Alben abspielte. Diesen Trend, dass ich vermehrt Songs gut finde und oft höre, die gar nicht auf (guten) Alben sind, ist ja bei mir bereits seit diversen Jahren im Gange. Diesmal ist die Diskrepanz, BABYMETAL sei Dank, besonders krass.
Ich habe, wie jedes Jahr, eine Menge neuer Alben gehört oder zumindest mal reingehört – laut meiner internen Statistik waren es fast 250, was noch etwas unter der üblichen 300er Marke liegt, die ich sonst so „schaffe“ (eigentlich krass, fast ein neues Album pro Tag...). Die Mehrzahl der Alben war so lala bis langweilig, und vergessen, kaum dass ich damit durch war. Das war 2020 auch nicht anders als in anderen Jahren.
Richtig große Enttäuschungen gab es eigentlich nicht – ja, die neue The Sounds-Scheibe (die schwedische Band stand ja viele Jahre sehr hoch in meiner persönlichen Gunst) war eher schwach, aber ich hatte es auch nicht anders erwartet. Polly Scattergood, JARV IS..., Angel Olsen, Annie, The Birthday Massacre oder Torres waren für mich nicht so gut, wie ich es erhofft hatte, jedoch auch nicht richtig schlecht. Halt so Mittelmaß, von dem es in meinen Ohren leider ne Menge gab.
Aber genug vom Lauwarmen, jetzt lieber zum wirklich heißen Scheiß 2020 :-), also meinen Lieblingsalben des „Corona-Jahres“. Diesmal sind erstaunlich viele britische Alben darunter – steht das UK etwa vor einem Comeback in meiner Gunst, pünktlich zum Brexit? Oder war es ein letztes kreatives Aufflackern vor dieser Zäsur? Die Zukunft wird es zeigen.
01. Sofia Portanet – Freier Geist
Ich weiß gar nicht, ob ich überhaupt schon mal ein deutsches/deutschsprachiges Album, das nicht von Tocotronic stammt, auf Platz 1 meiner Charts hatte. Dieses Jahr ist es jedenfalls soweit – die in Berlin lebende Sängerin Sofia Portanet ist mir in den letzten beiden Jahren schon mit ihren ersten Singles wie «Wanderratte» und «Freier Geist» positiv aufgefallen, und so war ich sehr auf das Debütalbum gespannt. Ihren Stil, den man als Mischung aus NDW/PostPunk und Pop bezeichnen könnte und der durch ihren expressiven, oft an Siouxsie erinnernden Gesang, eine besondere Note erhält, zieht sich durch alle (leider nur) 9 Songs und macht das Werk somit zu einer runden Sache. Dass es insgesamt etwas kurz geraten ist und ich halt schon 4 der Lieder vorab kannte, sind die Wermutstropfen.
Highlights: «Menschen und Mächte», «Wanderratte», «Art Deco»
02. Wilsen – Ruiner
Ganz knapp von Sofia im Kampf um Platz 1 geschlagen ist das US-amerikanische Trio Wilsen. Schon seit einigen Jahren erfreuen mich ihre Klänge, und auf ihrem neuen Album haben sie diese nochmals verfeinert. Die Songs haben oft eine DreamPop-, manchmal auch Shoegaze-Note, sind dabei aber immer melodiezentriert, was sie von vielen oft aus reinem Gewaber bestehenden Werken anderer Bands des Genres unterscheidet. Die Musik ist einfach schön und das Album hat keine echten Schwachpunkte.
Highlights: «Ruiner», «Fuse», «Align»
03. Capitol – Dream Noise
Stilistisch noch eine Spur düsterer als Wilsen ist diese kanadische Band – ihre Musik hat stärkere Shoegaze-, aber auch Krautrock- und PostPunk-Einflüsse. Ein wirklich sehr gelungenes Album, das zwar schon Ende 2019 erschienen ist, aber ich schummle es einfach in meine 2020er Charts – da kenne ich ja nix. :-) Wäre auch zu schade, wenn es unbekannt untergehen würde.
Highlights: «Never Been To Paris», «Wish I Was Here»
04. James Atkin – Aries Pagan
Eine der größten positiven Überraschungen des Jahres war für mich das neue Album des ehemaligen EMF-Sängers James Atkin. Nachdem ich mit seiner letzten Scheibe leider gar nichts anfangen konnte, geht er auf dem neuen Werk jetzt wieder sehr melodisch (und auch recht elektronisch) zu Werke und liefert eine veritable Anzahl von Hits.
Highlights: «It's True», «Same Old Stupid»
05. AMAARA – Heartspeak (EP)
Es ist schon erstaunlich – obwohl ich in den letzten Jahren nicht mehr so viel Shoegaze/DreamPop höre wie noch ehedem, schafft es mit AMAARA aus Kanada gleich eine dritte Künsterin aus dem Bereich in meinen Top 10. Ihre EP ist schon ziemlich klasse, deshalb hat sie es auch verdient, bei den „richtigen“ Alben mit einsortiert zu werden.
Highlights: «Gone», «Desert Storm»
06. The Psychdelic Furs – Made of Rain
Wenn „alte Helden“ nach mehreren Jahrzehnten ein Comeback starten, muss das nicht immer gut gehen. Bei den Psychedelic Furs darf man aber den Schritt zurück ins Studio als durchaus gelungen bezeichnen. Das Album enthält mit „No One“ einen meiner Hits des Jahres und auch sonst einige gelungene, meist eher düstere Tracks. Nicht alles zündet, deshalb am Ende Platz 6.
Highlights: «No One», «Turn Your Back On Me»
07. SKULDPADDA – Commitment
Ganz kurz vor Toresschluss, nämlich tatsächlich erst letzte Woche, habe ich den Tipp mit dieser schwedischen Band bekommen, die auch diverse Gitarrenpop- und Shoegazeelemente vereinen und deren Sound manchmal gar an Blue Foundation erinnert. Da ich das Album halt erst ein paar Tage kenne, wäre es unfair, es noch höher einzusortieren, aber das Potential dazu wäre da!
Highlights: «Summer In The City», «Bad Manners»
08. Benedict – You Can Tell Me Nothing That I Should
Es kann gut sein, dass es noch nie einen niederländischen Künstler in meinen Charts gab. Diesem Missstand hat aber nun Benedict mit seiner neuen Scheibe abgeholfen. Sein Stil pendelt irgendwo zwischen Tindersticks und The National (früher) und ist damit eindeutig auch nach meinem Geschmack.
Highlights: «You've Lost Me Before», «When We Were Young»
09. Spunsugar – Drive-Through Chapel
Und noch einmal Schweden, diesmal eine ganz junge Band aus Malmö. Schon seit einigen Jahren ist das Land im hohen Norden ein Hotspot für schrammeligen Indie-PostPunk (Agent Blå, Makthaverskan, It's For Us...), und so schlagen auch Spunsugar in diese Kerbe – haben allerdings noch einen deutlichen BritPop/Manchester-Touch in ihrem Sound, der ihnen das gewisse Extra verleiht.
Highlights: «Run», «Jawbreaker»
10. Moi Caprice – Becoming Visible
Noch so ein überraschendes Comeback – nach diversen Jahren Funkstille ist das dänische Indiepop-Quintett wieder da, und knüpft musikalisch dort an, wo man 2008 aufgehört hatte: mit schmachtigen, manchmal auch druckvollen Songs, die früher sogar etwas für die Tanzfläche gewesen wären (als es noch Indie-Clubs gab...). Es gibt leider auch ein paar Lieder, die etwas zäh daher kommen, sonst wäre es sicherlich ein Album für die ganz vorderen Platzierungen gewesen.
Highlights: «My Name Is Nobody», «Teenagers»
11. Victories at Sea – Everybody’s Lost and All I Want Is to Leave
12. Welle:Erdball – Engelstrompeten & Teufelsposaunen (Orchestral)
13. James Dean Bradfield – Even in Exile
14. Jim Bob – Pop Up Jim Bob
15. The Luxembourg Signal – The Long Now
16. Jetstream Pony – Jetstream Pony
17. Morrissey – I Am Not a Dog On a Chain
18. Magic Wands – Illuminate
19. Bloodwitch – I Am Not Okay with This (OST)
20. Lana Del Rey – Violet Bent Backwards Over The Grass (Audiobook)
21. Dress Thèque – Ascension
22. Juniore – Un, deux, trois
23. I Like Trains – KOMPROMAT
24. Maserati – Enter the Mirror
25. Echoberyl – The Awakening of a Mutant Girl
26. Suburban Living – How To Be Human
27. Spectres – Nostalgia
28. Pet Shop Boys – Hotspot
29. Alice Boman – Dream On
30. Ellis – Born Again
31. Die Arbeit – Material
32. Agnes Obel – Myopia
33. Paragon Cause – What We Started
0 Kommentare:
Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst Du Dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten, wie IP-Adresse, E-Mail oder Namen durch diese Website einverstanden. Die Datenschutzerklärung wurde von Dir zur Kenntnis genommen.