Der große Coast Is Clear-Jahresrückblick 2016 – Teil 3: Die besten Alben 2016
Kommen wir nun zum Abschluss meiner Review-Trilogie zur sog. Königsdisziplin, den meiner Meinung nach Top-Alben 2016. Inwieweit Alben als Gesamtkunstwerk überhaupt noch so relevant sind, muss die Zukunft zeigen. Auf jeden Fall geben meine unten stehenden Albumcharts mein Musikhörverhalten im Jahr 2016 nur unzureichend wieder.
Das Schöne an last.fm sind auch die ganzen externen Dienste, die aus den Daten nette Grafiken und Übersichten zaubern. So kann ich mir kurzerhand eine Übersicht über die 25 meistgehörten Alben 2016 erstellen lassen – von links nach rechts und oben nach unten zu lesen, das meistgehörte ist also oben links, Platz 5 oben rechts usw. Und an die Stelle des schwarzen Quadrats (Platz 18) gehört eigentlich das Cover der Hot As Sun «Little Friend»-EP.
Nun aber zu meinen offiziellen Album-Charts 2016, nach ihrer Güte gewichtet:
1. Mint Julep «Broken Devotion»
Fünf Jahre hat das Duo aus Portland fast nichts von sich hören lassen, seitdem ihr voriges Album «Save Your Season» anno 2011 voll bei mir einschlug. Meine Erwartungen waren demzufolge sehr hoch, als die Band letztes Jahr die Finanzierung des Nachfolgers via Crowdfunding ankündigte. Ganz hat das Ergebnis meine Erwartungen nicht erfüllen können, aber die beiden bieten auch hier wieder sehr schöne elektronisch poppige Musik, nicht mehr ganz so New Order-esk und angedüstert wie ehedem. Je öfter ich das Album hörte, desto besser gefiel es mir auch, so dass es nun rechtzeitig zum Jahresende die Pole Position erklommen hat. Favoriten: «Broken Devotion», «Incinerate»
2. PJ Harvey «The Hope Six Demolition Project»
Tja, das hätte ich auch nicht für möglich gehalten, dass es die gute Polly Jean nach über 20 Jahren Musikschaffens bei mir tatsächlich mal so weit nach oben schafft. Aber ihr aktuelles Werk hat mir sofort gefallen, als es Anfang des Jahres heraus kam, und es ist das ganze restliche Jahr über kaum ein anderes Album erschienen, das an ihr vorbei zu ziehen vermochte. Seitdem PJ sich seit einer Weile den mehr melodischen Aspekten widmet, gefällt mir ihre Musik plötzlich richtig gut. Ihr Album hat wie gewohnt sozialkritische Töne, bleibt aber trotz aller inhaltlichen Schärfe (relativ) ohrenschmeichelnd. Favoriten: «The Community of Hope», «The Wheel»
3. Haley Bonar «Impossible Dream»
Genau wie schon vor zwei Jahren mit ihrem letzten Album «Last war» landet die Sängerin, die wie Mint Julep in Portland lebt, auch 2016 bei mir auf Platz 3 der Albumcharts. Vor allem die beiden Hits «Kismet kill» und «I can change» haben es mir angetan, aber auch sonst ist die Scheibe voll wunderbar atmosphärischer Songs, die eine gute Bandbreite zwischen DreamPop, Indiefolk und AltCountry bieten. Live war Haley sehr toll und lieferte ein wunderbares, leider viel zu schlecht besuchtes Konzert in Hamburg ab.
4. Still Corners «Dead Blue»
Das britische Duo ist sowas wie ein Garant für gleichzeitig melancholische wie treibende Songperlen, und das ist auch auf dem neuen Album nicht anders. Wieder gibt es Elemente von Motorik und Psychedelik, diesmal aber mit besonders viel Synthie-Einsatz. Die latente Merkwürdigkeit einiger Melodien gefällt mir besonders. Und das Cover ist richtig schick. Favoriten: «The Fixer», «Dreamhorse»
5. Memoryhouse «Soft Hate»
Irgendwie würde die Musik der DreamPop-Band aus Ontario in Kanada bestens in einen Lynch-Film passen. Sie hat etwas Schwebendes, Verhuschtes, gleichzeitig schwelt eine latente Düsternis durch die Songs. Das aktuelle Album war eine Weile sogar lang meine Nummer 1 (bis PJ Harvey kam). Favoriten: «Arizona», «Laney»
6. Primal Scream – Chaosmosis
War die Platzierung von PJ Harvey bei mir schon bemerkenswert, so ist das Auftauchen eines Primal Scream-Albums in meinen Charts – noch dazu so weit oben – eine echte Sensation. Denn, wenn ich ehrlich sein soll, abgesehen von vereinzelten netten Liedern hat mich die schottische Band nie so richtig begeistert. Klar, «Screamadelica» muss man natürlich im CD-Regal stehen haben, aber danach wurde der Output der Jungs um Bobbie Gillespie (in meinen Ohren) relativ belanglos bis nervig. Umso erstaunter war ich nun von der aktuellen Scheibe, die nicht nur durch den Gastauftritt von Sky Ferreira eine rundum unterhaltsame Angelegenheit mit jeder Menge Pop-Appeal geworden ist. (Das Cover der Platte ist allerdings eine Frechheit!) Favoriten: «(Feeling like a) Demon again», «100% or Nothing»
7. ABAY «Everything’s amazing and nobody is happy»
Allzuviele deutsche Alben habe ich 2016 nicht in meinen Charts, umso mehr freut es mich, dass der ehemalige Sänger der Band Blackmail mit seinem neuen Projekt gleich so einen Knaller abgeliefert hat. Der Blackmail-Stil ist unüberhörbar, die Songs pendeln zwischen leise und krachig laut, sind dabei stehts abwechslungsreich und melodiefokussiert. Klasse. Favoriten: «The Queen is Dead», «1997 (Exit A)»
8. Springtime Carnivore – Midnight Room
Schön, sehr schön ist das, was die Sängerin aus Los Angeles uns auf ihrem neuen Album bietet – verträumte Melodien, leicht verhuschte Arrangements, und ein wehmütiger Gesang machen das Werk zu einer durchgängig angnehm zu hörenden Angelegenheit. Die perfekte Musik für einen lauen Sommerabend oder einen verregneten Sonntagmorgen. Favoriten: «Midnight Room», «Bad Dream Baby»
9. box and the twins – Everywhere I go is Silence
Und noch ein zweites Album aus deutschen Landen, das mir richtig gut gefällt – das Debütalbum der Band aus Köln perfektioniert das, was man schon auf ihrer EP hören konnte: DreamPop, Shoegaze und Wave sind die Hauptzutaten, also ein Album, das sich auch auf dem 4AD-Label gut gemacht hätte (als die sich noch vor allem auf Atmosphärisches spezialisiert hatten). Favoriten: «Birds», «Ice Machine»
10. Katie Kim – Salt
Wie ich schon in meinem Blogbeitrag neulich schrieb, ist die Musik der irischen Sängerin etwas für alle, denen selbst Lana Del Rey noch zu flott und beschwingt ist. Katie Kim wird gerne mal als Slowcore bezeichnet, denn im Grunde spielt sie getragene, düstere Musik mit viel Piano-Einsatz. Definitiv ein Winteralbum! Favoriten: «Day is Coming», «Life or Living»
11. Wild Belle – Dreamland
Es kommt nicht oft vor (ich würde sogar sagen: bisher noch nie), dass ein Album mit Reggae-Einflüssen und Saxophonklängen in meine Top 20 stürmt, aber die aktuelle Scheibe des Geschwisterpaars aus Chicago hat mit ihrer ungewöhmlichen Mischung aus den diversesten Musikstilen ein wirklich gelungenes Album abgeliefert. Favoriten: «Throw Down Your Guns», «Mississippi River»
12. Graveyard Club – Cellar Door
Ein Späteinsteiger in meine Top 20 – das neue Album der Synthie-/Indieband aus Minnesota enthält einen charmanten Pop-Hit nach dem anderen, alles verpackt in fluffige Retro- & New Wave-Klänge. Favoriten: «Forever», «Blue Angel»
13. Tiger Lou – The Wound Dresser
14. Trentemøller – Fixion
15. On Dead Waves – onDeadWaves
16. Blaudzun – Jupiter
17. Daughter – Not to Disappear
18. Dernière Volonté – Prie pour moi
19. TW Walsh – Fruitless Research
20. Magic Wands – Jupiter
21. SULK – No Illusions
22. Teleman – Brilliant Sanity
23. Josefin Öhrn + The Liberation – Mirage
24. Sage – Sage
25. Starflyer 59 – Slow
26. Bigott – My Friends are Dead
27. Crescendo – Unless
28. Few Bits – Big Sparks
29. Galapaghost – I never arrived
30. Amber Arcades – Fading Lines
31. Eliot Sumner – Information
32. Get Well Soon – LOVE
33. Marissa Nadler – Strangers
34. Peter Bjorn And John – Breakin' point
35. Sennen – First light
36. The Frank and Walters – Songs for the walking wounded
37. Santigold – 99 Cents
38. Marsheaux – Ath.Lon
39. Nadeah – While the heart beats…
40. Blackie & the Oohoos – Lacuna
41. Tinpan Orange – Love is a dog
42. Sophia – As we make our way (Unknown harbours)
43. Young Romance – Another’s Blood
44. Blossoms – Blossoms
Oh lala.. Meine Güte, bin ich spät dran.. Aber inzwischen hab ich mir Deine Lieblinge mal angeschaut und habe wieder einmal entdeckt, dass mir doch einiges an Hörenswertem durch die Lappen gegangen ist.
AntwortenLöschenUnd auch wieder einige Übereinstimmungen sind festzustellen.. ;-)
Schöne Liste jedenfalls, ich werde mich durch das ein oder andere Schmankerl nochmal durchhören.
Hier noch der Link zu meiner Abrechnung mit 2016,
herzliche Grüße
Jens / guteshoerenistwichtig
https://guteshoerenistwichtig.wordpress.com/2017/01/02/meine-abrechnung-mit-2016-es-muss-gehen-andere-tun-es-doch-auch/